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Montag, 18. März 2013


TAG SIEBEN

(Hallo? Brutus? Oder "I got some new shoes on and suddenly (almost) everything is right")

Unruhe. Erhöhte Atemfrequenz, erhöhter Puls. Jette kann nicht runterfahren. Brutus? Hallo? Bist du das? Kommt sie zurück, die Angst? Panikattacke? Letzter Ausweg Flucht?
Nein, die Symptome scheinen zu täuschen. Es ist wohl nur der erhöhte Stresshormon-Pegel im Blut. Den ganzen Tag auf Achse, alles hektisch, dauernd eine Planänderung (auf die Bahn ist in Berlin wirklich noch weniger Verlass als anderswo), viele Eindrücke, viele Herausforderungen. Kein Wunder also, da darf man schon mal aufgekratzt sein. Ohne, dass die Depression mal wieder zuschlägt. Außerdem nimmt Jette erst seit 2 Monaten eine höhere Dosis Tabletten. So schnell kann sie sich gar nicht daran gewöhnt haben, dass die Angst zurückkommen könnte. Sollte zumindest so sein. Außerdem außerdem gibt es eindeutige Indizien, die gegen die Angst vor der Angst sprechen: Jette müsste ganz schön stolz sein. Allein durch eine proppenvolle Stadt, allein und ohne Stöpsel in den Ohren in der (S-/ U-) Bahn. Allein unterwegs zwischen aufgetakelten Menschen. Allein unterwegs in verwirrend strukturierten Gebäuden. Allein in der übervollen Kantine mit unzähligen Menschen, die sie aber alle nicht mustern. Allein, geschützt von der überwältigenden Masse. Darauf wäre sie nicht gekommen. Dass eine Überdosis von anderen Leuten ihr das Gefühl von Sicherheit geben könnte. Bei 3,5 Millionen Einwohnern hat einfach niemand Zeit, jemanden genau zu inspizieren. Zu mustern und zu bewerten. Positiv! Liebes Berlin!
"Allein" auch mit den vielen Spiegeln. Den spiegelnden Flächen in den Aufzügen.
Nicht ganz allein. Begleitet oft von den Spiegelbildern der Püppchen.
Spiegel. Jettes größte Feinde des letzten Sommers. Ein Blick genügte, um die mächtigsten Komplexe zu Riesen wachsen zu lassen. Problematisch, wenn man sich selber nicht ansehen kann. Problematisch, denn aus seiner eigenen Haut ist wohl noch niemand entkommen.
Mit den Spiegeln das ist immer noch kritisch. Aber gut, das war es jahrelang. Kennt Jette ja eigentlich gar nicht anders. Und immerhin hat ihr Verhältnis zu ihnen sich wieder als einigermaßen annehmbar entwickelt. Man darf ja auch (wie immer) keine zu hohen Ansprüche haben. Schon gar nicht an sich selbst.
Umso unglaublicher also, dass Jette jetzt halbwegs unbeschadet durch das Spiegelkabinett der großen Glaspaläste laufen kann. Dass sie allein zur Mittagspause in den Ameisenhaufen geht. Sie keinen Panikanflug bekommt und einfach nur weg will. Das ist ein großer Erfolg und wäre noch vor einem halben Jahr undenkbar gewesen. Also freu dich Jette, verdammt noch mal! Vermutlich vergisst man sehr schnell. Wenn man, im Großen und Ganzen, erst mal wieder lebensfähig ist, gerät das Gefühl der Lebensunfähigkeit möglicherweise recht bald in Vergessenheit. Das ist heikel, denn man läuft Gefahr, rasch wieder undankbar zu werden. Andererseits ist es ein weiterer genialer Zug der Seele. Denn wenn sie dieses grauenhafte Gefühl dauerhaft speichern würde, zerbräche man wohl.
Statt also gebührend ihren Kantinengang zu feiern und sich darüber zu freuen, begeistert sich Jette womöglich mehr an ihren neuen Schuhen. Jaja, banal. Aber wieso dürfen Frauen das nicht auch mal sein? Es sind schließlich Schuhe.....! Wie üblich schießt Jette direkt eine Liedzeile durch den Kopf: "I got some new shoes on and suddenly everything is right". Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Aber die Schuhe können eben auch Balsam für das kaputte Ich sein. Sie geben Sicherheit, wenn sie nur dazu beitragen, dass Jette sich wohler in ihrer Haut fühlt. Schuhe als Heilmittel und Therapie! Erzählt das bloß den Männern!
Und Brutus? Der mag keine neuen Schuhe. Brutus ist müde und schläft. Schlaf, Brutus, schlaf. Und lass Jette möglichst lange in Frieden.

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