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Donnerstag, 27. Februar 2014

neununfünfzich.

Von Fischen und Vögeln. Oder AUFTRIEB.

In der letzten Zeit hieß es bei Jette ständig und in vielen vielen Bereichen "Und Action!". Und zwar so volle Dröhnung. Alles im Wandel, alles im Umbruch, alles in der Schwebe?
Schweben kann spannend sein.
Aber auch Angst machen.
Schweben ist irgendwas dazwischen. Zwischen richtig fliegen können und an den Boden gefesselt sein.
Schweben ist nicht Fisch und nicht Fleisch.
In der letzten Zeit ist (mal wieder) viel passiert. Ein Mensch ist gegangen, weil er sie wohl nicht mehr aushalten konnte, diese merkwürdige, wundersam-grausige Welt. "Die Dinge müssen sich neu ordnen", hat Jettes Therapeutin mal zum Thema Tod gesagt. Und Recht hat sie. Eine neue Ordnung muss in der Tat hergestellt, Geschehnisse begriffen und verarbeitet werden.
Aber es gibt nicht nur trauriges Schweben in Jettes momentanem Leben.
Es gibt auch mehrere selbst gewählte, mehr oder minder selbstbestimmte weitere Schwebezustände.
Und in mindestens einem ist da jetzt Klarheit: ein neues Zuhause ist gefunden!
Eins, in dem das "Karma" der Wohnung schon mal ein gutes zu sein scheint. In dem gleiche Bedürfnisse was das "Miteinander Leben" betrifft, bestehen zu scheinen. Eins mit mehr Ruhe, mehr Grün, mehr Herzblut.
Jette freut sich und spürt, dass sie endlich mal NICHT hilflos ist. Dass sie mitbestimmen kann. Dass sie in der Lage ist, ihre persönliche Situation zu verbessern.
Für's erste hat Jette Auftrieb.
Und das Schweben wird für eine Zeit lang zum Fliegen.

Donnerstag, 20. Februar 2014

58.

Niederlage. Oder Ein Brief.

liebe gesellschaft, 

depressionen sind keine charakterschwäche. depressionen sind keine schlechte laune, keine zickigkeit, kein aufmerksamkeitsgeiler drang nach beachtung. 
depressionen sind das monster in dir drin. das versucht, dich aufzufressen. das in deinem kopf wütet, das alles aus dir raussaugen will, was das leben lebenswert macht. das dir abgründe aufzeigt, die sich kein monster-freier mensch ausmalen kann.
depressionen sind eine KRANKHEIT. und eine mehr als ernstzunehmende.
denn manchmal, oder sogar öfter als manchmal, da siegt sie über das leben. genau wie krebs. oder eine andere tödliche krankheit.

liebe gesellschaft: wenn wir einen von uns an dieses monster verlieren, dann wird uns klar, wie mächtig dieser unsichtbare feind ist. wie oft dieser gegner unter dem tarnumhang unterschätzt, bagatellisiert wird.
liebe gesellschaft: bitte hör doch auf damit. diese krankheit herunterzuspielen. von depressionen betroffene zu stigmatisieren. hör doch auf mit den "klapsen"-witzen, mit dem "reiß dich doch mal zusammen" und dem "fahr doch mal in den urlaub, spann ein bisschen aus".
liebe gesellschaft: bitte fang doch endlich an, unserem unsichtbaren feind ein gesicht zu geben. damit er eines tages vielleicht an schrecken verliert. und wir nicht noch mehr menschen an das gefräßige monster.

--jette.

Mittwoch, 19. Februar 2014

7und50

"..aber weißt du, ich wohn' hier nicht allein!..." Oder Von Monstern.

Alkohol und Antidepressiva sind nicht gut.
Aber manche Thesen muss man halt hin und wieder auf ihre Richtigkeit überprüfen.
Und das Ergebnis in diesem Fall (überraschend, aber wahr): Auch Martini ist Alkohol und auch Martini und Antidepressiva sind keine Freunde.
Scheiße.
So viel gruseliges Zeug hat Jette lange nicht geträumt.
Brrr.
Aus "um 8.oo Uhr aufstehen" wurde dementsprechend auch fix ein "um 12.oo Uhr aufstehen". Toll. Guten Morgen..

Die hirnwirre Nacht macht Jettes derzeitige Lage nicht besser.
Irgendwie ist sie..in.. einem..so..seltsamen
Zustand.
Fühlt sich merkwürdig.
Wie im Film.
Also alles ist so - wie von außen auferlegt? Die Ereignisse kommen und überrumpeln Jette wie sie wollen.
Und nicht wie sie will.
Sicher, sie versucht gegenzusteuern so gut es geht.
Weiter ihr Ding zu machen.
Sachen abzuarbeiten.
Ordnung zu schaffen.
Weiter nach vorn zu gehen.
Aber im Inneren ist ganz schön viel Unruhe.
Auch das Herz wird rasend bei all dem Buddeln und Wühlen.
"Geht's eigentlich um ihn oder nur um ne Beziehung?"
"Warum bist du denn nicht so richtig geflasht?"
"Überträgst du nicht nur deine eigene Unsicherheit?"
Frage. Bumm. Frage. Bumm. Frage. Bumm..
Fragezeichen.
Ohne Ende
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WAS geht da eigentlich grad ab?
Hm?
"Ich kam mir vor wie mit ner 13-Jährigen an der Hand", sagte Jettes Kumpel gestern.
Und ja, Recht hat er.
Da kommen grad alte, aber wirklich ganz ganz alte Monster wieder zum Vorschein.
"Hallohooo, naaa, lange nicht gesehen, was? Ach, du hast geglaubt, wir wären weg? Nee du!...."
Jette Frühwarnsystem ist schon lange angesprungen.
Oder sollte sie es besser "Frühangstsystem" nennen?
Wann sind Bedenken berechtigt?
Wann sind Bedenken ein Depressions-Film, der nur im eigenen Kopf abläuft, sich aber gar nicht mit der extra-kopfistischen Realität deckt?
Jette hat keine Ahnung.
Vielleicht geht's einfach nur um das Gefühl.
Um den Drang, immer verliebt sein zu müssen.
Sinnlos irgendwem und irgendwas nachjagen zu müssen.
Warum hat sie das nötig?
Warum braucht sie diese ständige Selbstkasteiung?
Warum?
Denn ihr Frühangstsystem sagt doch schon eine ganze Weile, dass das wieder eine sinnlose Aktion ist und Jette mit vollem Karacho und der Nase voran auf das Pflaster knallen wird.
"Lass es doch verdammt noch mal! Der Preis ist zu hoch!"
Vielleicht geht's wirklich nur um einen Film.
Um die Vorstellung, wie es wäre, endlich mal Rückendeckung zu haben.
Endlich mal die Chance zu bekommen, nicht immer nur "erwachsen zu spielen", sondern es tatsächlich mal zu sein. Endlich mal die Chance zu bekommen, in etwas hineinzuwachsen.


Freitag, 14. Februar 2014

sechsundfünfzig

EnDscheidungen. Oder Von außen nach innen, von Entropie zu Struktur.

Der Begriff, der in der gängigen pseudo-wissenschaftlichen, tatsächlich eher populärwissenschaftlichen MehroderwenigerFach-Literatur häufig zu finden ist, ist "Selbstwirksamkeit". Jette hat ihn schon viele Male gelesen. Und hält viel davon. Denn genau darum geht es doch, wenn man Depressionen hat: um das Gefühl, machtlos zu sein. Kein Mitbestimmungsrecht zu haben. Ausgeliefert zu sein. Opfer zu sein. Zur Passivität verdammt zu sein. Leiden zu müssen. Sich nicht befreien zu können. Verloren zu sein. Allein zu sein.

Diese besagte Selbstwirksamkeit hingegen soll all diese Gedankenmonstergliedmaßen amputieren. Soll einem wieder vor Augen führen, dass man all das nicht ist. Was der Brutus (oder welches Monster auch immer) versucht, einem da einzureden. Sondern, dass man ein selbstbestimmtes Leben führen kann. Nicht immer vielleicht, aber grundsätzlich schon. Und vor allem, dass man das Recht dazu hat.
Dass man nicht auf der Welt ist, um das Leben der anderen zu leben. Das seiner Eltern. Oder wessen auch immer.
"Bleiben Sie bei sich.." hat Frau Z in der Beratungsstelle heute gesagt.
Richtig.
Jette muss für SICH entscheiden, denn SIE muss mit ihren Entscheidungen leben können.
Sie kann nicht ständig Rücksicht darauf nehmen, was die anderen wollen.
Oder von ihr erwarten.
Was sie verkörpern soll, weil es die anderen selbst nicht geschafft und erreicht haben.
Nein, sie macht weiter.
Mit dem unbequemen Aufräumen.
Mit dem wörtlichen und dem bildlichen.
Mistet weiter fleißig ihre Papierberge aus. Bringt wieder Struktur in ihren Kram.
In ihre Sachen. Im Zimmer. Und im Kopf.
Und trifft Entscheidungen.
Tritt aus aus Parteien, in denen gar nicht sie selbst sein wollte, sondern in denen sie wollen gemacht wurde. Kündigt Abos von Zeitschriften, die sie sowieso nie geschafft hat zu lesen, aber die laut der Dozentin gut für sie wären.
Schmeißt Dinge raus, die sie nicht gebrauchen kann.
Verlagert ihren Hauptwohnsitz dahin, wo sie tatsächlich haupt-sächlich wohnt.
Versucht, sich selbst näher zu kommen.
Immer und immer mehr bei sich zu sein.

Freitag, 7. Februar 2014

55.

Au backe mein Zahn. Oder von gebrochenen Zähnen und gebrochenem Vertrauen.
-Alles blau und weiß und grün und später nicht mehr wahr-

Brüche sind immer schmerzhaft. Knochen-Brüche ebenso wie Um-Brüche, am schlimmsten jedoch sind Vertrauens-Brüche. Weggebrochen worden sind bei Jette in den vergangenen Tagen mehrere Dinge.
Zunächst die überschüssigen, aufmerksamkeitsgierigen, stänkernden, angeblich weisen Zähne. Angefühlt hat sich das teilweise sogar wie ein Kiefer-Bruch, aber der gute Mann wusste schon, was er tat. Schlafen kann Jette nachts vor Schmerz und Ziehen trotzdem nicht. "Muss ja wehtun, ist ja ein Loch im Knochen."
Na danke.
Wenn jemand die Tür offen stehen lässt, ziehts ja auch, weil da eine Öffnung ist, wo besser keine wäre...

So eine Zahn-OP ist nicht gerade das angenehmste. Und ganz schön anstrengend. Und Jette war wirklich erschöpft. Als hätte sie selbst mitgearbeitet an der Knochenkunst.
Und was macht ihre Schwester?
Was?
Setzt dem ganzen noch die quasi Zahn-Krone auf und schlägt auch noch mal drauf. Auf die Wunde. Bildlich gesprochen.
Ihr als Krankenbesuch getarnter Aufenthalt bei Jette entpuppte sich schließlich als etwas ganz, aber auch wirklich ganz ganz anderes: als egoistischer Befreiungsschlag für Tedas schlechtes Gewissen:
Anstelle dass sie Jette einfach nur ein bisschen gesundheitsfördernde Gesellschaft leisten wollte, hat sie ihre     ganz persönliche Bombe hochgehen lassen:
Nein, Jette ist NICHT die erste, die eine Therapie macht aus der Familie.
Nein, Jettes Schwester hat auch eine gemacht.
Vor 7 Jahren.
--Und Jette nichts davon gesagt.
Keinen Ton.
Nicht im Ansatz.
In den ganzen anderthalb Jahren nicht, in denen Jette inzwischen bei M sitzt.
Kein Wort.

Wie feige kann ein Mensch sein?

Wie egoistisch kann ein Mensch sein?

Gerade die, die einen auf ChristenGutmenschen machen.
Gerade die sind es dann, die ihre eigenen Vorgaben nicht einhalten können.
Sich aber trotzdem auf einer höheren Stufe wähnen, die tollen Gottesfürchtigen.

Wie musste Jette sich am Anfang der Therapie quälen.
Wie hat sie sich geschämt.
Wie wusste sie nicht, wie sie damit umgehen soll.
Sie konnte sich doch nicht bei allen outen?
Aber sie konnte doch auch nicht allen was vorspielen? Auf Schönwetter machen?
Wie musste sie immer wieder in sich und ihrer Vergangenheit rumwühlen lassen.
Musste schmerzliche Wahrheiten erkennen.
Musste ihr Weltbild zerschlagen lassen in winzige Trümmerteilchen.
Musste sich fast alles nehmen lassen.

Um schließlich wieder jemand zu sein.
Um heute wieder ein Leben zu leben und doch noch ein ganzes Stück Weg vor sich zu haben.

Wie hat sie nicht ihrer Schwester erklärt, wie so eine Therapie abläuft.
Wie hat sich diese nicht alles schildern lassen.
Wie hat Jette nicht versucht, von ihren Erkenntnissen etwas abzugeben.
Wie hat sie sich nicht gesorgt um Tedas Wohl.
Wie hat sie nicht festgestellt, dass diese auch Hilfe benötigt.

Und?
Alles blau und weiß und grün und später nicht mehr wahr.
Alles anders als gedacht.
Teda wusste ganz genau, wie so eine Therapie abläuft.
Wusste ganz genau, wie es ist, depressiv zu sein.
Wusste... wusste es einfach alles schon. Hatte mal wieder die Jahre an Vorsprung, die sie immer hatte.

Und?
Was hat sie daraus gemacht?
Gar nichts.
Nichts als eine Jette vorenthaltene, verschwiegene Wahrheit.
Als wenn Jette ein kleines Mädchen wäre!
Was glaubt sie denn?
Wie sich Jette jetzt vorkommt?
Alle in Tedas Umfeld haben es gewusst, bis auf die Eltern.
Nur die eigene Schwester nicht.
Und Jette musste sich ganz allein durch diese ganze große verdammte Scheiße quälen.
Teda hat alles an Hilfe verschleudert, die sie Jette hätte geben können.
Aus Feigheit.
Aus verdammter Feigheit.
Und die Hilfe, die Jette bekommen hat, die kam dann wohl auch nur aus schlechtem Gewissen?