Themen

  • WeLtEnWuT
  • Herzschmerz.
  • kurzGeschichten
  • (Philo)Sophie
  • Leben
  • Schreibkunst
  • (Un)Tiere
  • Krake/MONSTER/schwarzesBiest
  • Selbstfindungswirrwarr
  • DEPRESSION.

Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Freitag, 15. August 2014

IV

HAKOMI. Oder Zwischen Teppichboden und Esoschiene. 

Jette rauscht der Kopf. Sie sitzt in der Cafeteria, dem einzigen Ort in der ganzen Klinik, wo man mit Glück halbwegs vernünftiges Internet hat. Es geht auf den Abend zu und so langsam verschwindet die kuchenverschlingende, sich selbst um die letzten Reste schlagende Rentnermeute und es wird stiller - schließlich gibt es ab halb sechs Abendessen. Klar, da muss man pünktlich erscheinen und sich die besten Fressalien schnappen.
Bitte, wenn's sein muss. Jette findet es ja irgendwie ein kleines bisschen albern..

Heute Nachmittag saßen zwischendurch einige Leute mit an Jettes Tisch, denn es bestand ein reger Kaffeetrink-Andrang. Unter den vorübergehenden Tischgästen auch zwei Damen. Anscheinend zwei "Luftis", wie Jette u Rike liebevoll die PatienInnen der Pneumologie nennen. Nicht solche "Knacksis" wie sie selbst.
Die besagten Damen stehen nun kurz vor der Entlassung. - Und sind ziemlich froh, bald wieder daheim zu sein. Jette kann das gut verstehen und kommt mit ihnen ins Gespräch. Es ist nett und da Jette neugierig und solange es ihr gut geht nicht auf den Mund gefallen ist, entwickelt sich eine ganz interessante Konversation.
Und währenddessen sowie jetzt danach fragt sie sich, wie eigentlich ihre Meinung ist zu der Dauer ihres Aufenthaltes hier. Laut Plan sind es 4 Wochen. Fast 2 davon sind nun vorüber.
Verlängerung?
Auf GAR KEINEN Fall, so viel steht fest.
Seit Dienstag hatte Jette sich an den Gedanken geklammert, die Reha hier zu verkürzen. Wegen..Nachhausewollens. Wegen SodbrennenundKopfwehundÜbelkeithabens. Wegen Nichtschlafenkönnens. Wegen Allesvertrautevermissens. Wegen Kuschelentzugserscheinungen. Wegen... Isteinfachsos.
Der Gedanke, in nicht mal 3 Wochen raus zu sein, hat irgendwie getröstet. Jette ging es ein bisschen besser.


Gestern stand nun in Jettes Reha-Plan das erste Mal etwas, das sie neugierig gemacht hat. Das etwas zu sein schien, was auf das passt, weswegen Jette eigentlich hier in den Bergen ist.
Was ihr zugegebenermaßen auch ein etwas flaues Gefühl im Bauch bereitete.

Jette hatte gestern Körpertherapie. Etwas, womit sie sich noch nicht beschäftigt hatte bis dato. Was ihr aber für sich als überaus sinnvoll schien.
Die Körpertherapeutin sah aus wie die verstorbene Mama von Jettes Ex. Das hat sie ziemlich irritiert.
Und sicherlich die Wirkung dessen, was während dieser Körpertherapie geschah, verstärkt.

Was die EinbisschenDoppelgängerin nun mit Jette praktizierte, nennt sich HAKOMI. Das kommt von den Hoki-Indianern (sagt sie) und soll "Wer bin ich?" bedeuten.
Das passt wie Faust auf's Auge.
Eigentlich geschieht in dieser Sitzung nichts, was Jette nicht schon kennen würde.
Und doch geschieht etwas.
Über ihr aktuelles Befinden, den Wunsch, frühzeitiger zurück nach Hause zu fragen kommen die beiden Frauen zu Jettes sozialem Umfeld.
Jette sagt "Mein soziales Umfeld trägt mich."
Und die PseudoDoppelgängerin wiederholt in der Ich-Form: "Mein soziales Umfeld trägt mich."
Schweigt und
fragt
"Was löst dieser Satz bei Ihnen aus?"

Jette liegt auf dem Boden. Zunächst nur wörtlich. Durfte sich mit Yogamatte auf dem Boden einrichten, die Dinge und die Therapeutin nach Belieben und Wohlbefinden im Raum drapieren. Und sollte eigentlich "nur" Achtsamkeit praktizieren und nach Anweisung in sich hineinhorchen.

Und dann, dann war es vorbei mit Contenance und Selbstbeherrschung.
Dann geht es mal wieder um Endlichkeit, um Angst und um Trauer.
Die Ähnlichkeit der Therapeutin mit der Verstorbenen KANN Jette einfach nicht kaltlassen und eine ganze Ladung an unvermuteter Emotionswallung bahnt sich ihren Weg durch die Tränendüsen, die sich nicht mehr steuern lassen.
Trauer.
Davon scheint noch ein ganzes Stück da zu sein.

Nach den 45 Minuten ist Jette fix und fertig.
Geht in ihr Zimmer, legt sich hin.
Muss sich ausruhen.
Ist ganz erschöpft.
Schläft
und
Schläft
und Schläft.
Dreieinhalb Stunden lang.
DAnach geht's ihr besser, sie hat sich wieder gefangen.

Jette ist erstaunt, ein bisschen verstört.
Beeindruckt und positiv überrascht davon, dass sie und sich in ihr tatsächlich erstmals etwas wirklich bewegt hat hier in dieser Klinik.
Vielleicht lohnt es doch, die 4 Wochen auszuhalten?
Doch es ist August und auch die Rehastätte bleibt nicht vom Sommerloch verschont.
Die Therapeutin ist erst mal eine Woche im Urlaub und mehr als ein, zwei weitere Sitzungen wird Jette wohl nicht bekommen.

Also was tun?
Gehen?
Bleiben?
Warten?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen